Keine Konzession ohne verbindliche Zusagen

Medienmitteilung des VCS vom 12. Juli 2005

VCS fordert demokratisch breiter abgestützte Flughafendiskussion

St. Gallen, 13. Juli 2005. Die St. Galler Regierung hat zu zwei parlamentarischen Vorstössen zur geplanten Konzessionierung des Flugfelds Altenrhein Stellung bezogen. Die Regierung will die Flughafenbetreiberin in ihrem Bestreben nach einer Konzessionierung unterstützen, um die Verkehrsanbindung an die europäischen Wirtschaftszentren zu verbessern. Den Interessen der Bevölkerung würde dabei Rechnung getragen. Dem VCS sind diese Aussagen zu unverbindlich. Er fordert eine breite demokratische Abstützung dieses Grundsatzentscheids sowie verbindliche Zusagen im Rahmen des SIL-Verfahrens (Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt).

Das kantonale Strassengesetz sieht beim Bau von Kantonsstrassen ein Vernehmlassungsverfahren bei den betroffenen politischen Gemeinden vor (Art. 35 sGs). In den jeweiligen Gemeindeordnungen ist geregelt, welche Vernehmlassungsbeschlüsse der Bürgerschaft zu unterbreiten sind. Bei vielen Strassenprojekten hat das Volk gegen die Pläne des Kantons und der eigenen Gemeindebehörde entschieden. Am deutlichsten fiel dabei 1998 die Abstimmung über den Gossauer Tunnel aus: 85 Prozent der StimmbürgerInnen sprachen sich dagegen aus, obwohl die politische Behörde Gossaus geschlossen hinter dem Projekt stand.

Auch wenn das kantonale Strassengesetz natürlich auf die «Zufahrten» zu den Autobahnen der Lüfte nicht anwendbar ist: Nur die Gemeinde Thal kann in dieser Frage für sich in Anspruch nehmen, demokratisch legitimiert die Bevölkerung zu vertreten. Der VCS ruft daher die Thaler Nachbargemeinden auf, ihren BürgerInnen ebenfalls die Möglichkeit zur demokratischen Mitwirkung bei diesem wichtigen Grundsatzentscheid zu geben. Die Stellungnahme der Gemeinde Thal ist auf jeden Fall stärker zu gewichten, da bis heute nur diese von der Bevölkerung tatsächlich getragen wird.

Die Flughafenbetreiberin weisst immer wieder darauf hin, dass es nur um einen moderaten Ausbau des Linien- und Charterflugverkehrs geht. Die heute rund 3000 Flugbewegungen sollen auf bis zu 7000 immerhin mehr als verdoppelt werden, was der Grössenordnung des Flughafens in Lugano-Agno entspricht. Dieser Zuwachs im Linien- und Charterflugverkehr ginge zu Lasten der Klein-Luftfahrzeuge, heisst es. Aber: auch wenn es zu einer Reduktion von Starts und Ladungen dieser Flugzeugkategorie kommt, gäbe es deswegen im überregionalen Bereich trotzdem mehr Luftverkehr, mehr Lärm und mehr Luftverschmutzung. Denn als Alternativen bieten sich verschiedene Ostschweizer Flugfelder an: Bad Ragaz, Benken, Schänis oder auch Sitterdorf.

Wenig beruhigend sind auch die über die Jahre immer wieder wechselnden Aussagen der Flughafenbetreiberin zu ihren Zukunftsplänen. Im Rahmen des SIL-Mitwirkungsverfahrens im Jahr 1998 forderte die Airport Altenrhein AG Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem nahen Friedrichshafen. Im September 2000 wurden Linienflüge nach Basel angestrebt. Im November 2001 hiess es, Linienflüge nach Paris, London oder anderen europäische Städte seien unrealistisch. Im Jahr 2003 plante die inzwischen nicht mehr aktive Air Avance Linien- oder Charterflüge nach Düsseldorf, Graz, Mailand oder Split. Auf das Jahr 2004 plante die inzwischen ebenfalls eingestellte Helvetic Wings Flüge zwischen Altenrhein, Bern, Basel, Genf, Lugano, Samedan und Zürich. Im Dezember 2004 kam es zu Verhandlungen mit der Cirrus Airline und der Ostfriesischen Lufttransport GmbH für Flüge nach Hamburg. Die Cirrus fliegt ab Zürich heute bereits nach Dresden und von Bern Belp im Sommer nach Edinburgh, Ibiza, Mallorca, Sardinien und Griechenland.

Gemäss heutigen Aussagen der Flughafenbetreiberin sind Flüge nach Basel kein Thema mehr. Neben Wien sollen aber dank Konzessionierung auch London und das Ruhrgebiet angeflogen werden. Der VCS zieht die Aussagen der heute für den Flugbetrieb Verantwortlichen nicht in Zweifel. Aber wie sieht es aus nach einem Wechsel in der Direktion oder bei den Besitzverhältnissen? Was passiert, wenn sich wie in der Vergangenheit die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Flughafen erneut ändern? Anpassungen am Betriebsreglement sind durchaus möglich, was sich am Beispiel Zürich-Kloten deutlich zeigt.

Aus diesen Überlegungen stellt sich der VCS Sektion St.Gallen / Appenzell darum nach wie vor grundsätzlichen gegen eine Konzessionierung des Flugfelds Altenrhein. Kommt es aber trotzdem dazu, dann sind die verbindlichen Eckpunkte für den Betrieb nicht erst im Betriebsreglement, sondern im Rahmen des SIL-Verfahrens verbindlich festzulegen. Neben der Zahl der maximalen Flugbewegungen zählt dazu auch die Beibehaltung der Mittagspause und der flugverkehrsfreien Feiertage. Nur unter diesen straffen Voraussetzungen kann ein heute als «moderat» bezeichnetes Wachstum mittel- und langfristig nicht doch noch zu ungeahnten Höhenflügen abheben.

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