Grob Aerospace in der Krise
St.Galler Tagblatt vom Donnerstag, 21. August 2008
100 neue Arbeitsplätze ab 2009? – Ausbaupläne auf dem Flugplatz Altenrhein sind bedroht.
ALTENRHEIN. Die Pläne, 2009 mit Grob Aerospace einen der innovativsten Flugzeughersteller nach Altenrhein zu holen, sind gefährdet: Die deutsche Tochter hat Insolvenz angemeldet.
CHRISTOPH ZWEILI
«Die Auswirkungen auf den Flugplatz sind noch schwer abzusehen», sagt CEO Armin Unternährer. «Der Zusammenhang aber ist klar: Werden im Unterallgäu keine Flugzeuge gefertigt, können sie in Altenrhein auch nicht fertiggestellt werden.» Noch im Mai hatte alles gut ausgesehen: Der Flugzeughersteller Grob Aerospace GmbH in Tussenhausen, mehrheitlich im Besitz der Schweizer Firma Executive Jet Investments in Zürich, entwickelt am Produktionsstandort in Tussenhausen den ersten Kohlefaser-Verbundstoff-Jet der Welt. Ab Frühling 2009 will er ihn in Altenrhein endfertigen lassen.
Bereits 20 Flugzeuge verkauft
Die Branche reagiert interessiert. Insider vertrauen auf den bekannten Flugzeugbauer mit 37 Jahren Erfahrung – obwohl der Chef-Testpilot Ende November 2006 aufgrund eines Konstruktionsfehlers beim Carbon-Business-Jet SPn ums Leben gekommen ist, liegen im Mai bereits 100 Bestellungen für den rund 10 Mio. Franken teuren Leichtflieger vor. Laut Werksangaben sind bereits 20 Flugzeuge mit einer Reichweite von 3000 Kilometern verkauft.
Die Leichtflugzeuge sollten von Tussenhausen nach Altenrhein in ein Kabinenausstattungs- und Auslieferungszentrum überführt werden, um hier in sechs Wochen den Kundenwünschen angepasst und fertiggestellt zu werden. Zusammen mit dem geplanten Trainingscenter für Piloten und Techniker sollten 100 neue Stellen am Bodensee entstehen.
US-Investor abgesprungen
Der Kanton St. Gallen freute sich über den Imagegewinn und hoffte, an Zeiten anknüpfen zu können, als Dornier und Pilatus in Altenrhein Flugzeuge bauten. Dazu kommt es jetzt unter Umständen nicht. «Das Unternehmen im Unterallgäu ist zahlungsunfähig, nachdem sich der amerikanische Hauptinvestor zurückgezogen hat», bestätigt Juliane von Heimendahl von der Grob Aerospace AG. «Es kam zu Verzögerungen bei der für Ende 2008 erwarteten Zulassung des SPn.» Der eingesetzte Insolvenzverwalter will nun in den nächsten Wochen prüfen, ob eine Sanierung des Unternehmens in Eigenregie möglich ist oder ob neue Investoren an Bord geholt werden sollen.
Bei Grob Aerospace in Tussenhausen sind rund 500 Mitarbeiter beschäftigt, davon 380 fest angestellt. «Wir arbeiten weiter», sagt Heimendahl. «Es gibt eine Handvoll seriöser Interessenten, die der Idee des Leichtfliegers zum Durchbruch verhelfen wollen. Bombardier, das Grob Aerospace beauftragt hat, den neuen Learjet 85 in Kohlefaser-Bauweise zu entwickeln, hoffte gestern, «dass 37 Jahre bahnbrechender Composite-Flugzeugbau die Finanzkrise überleben werden».
Noch nichts gebaut
«Wir warten zu», sagt Altenrhein-CEO Armin Unternährer. Die Visierstangen für die neuen Hallen sind gesteckt, die Planungsarbeiten und die Genehmigungsverfahren mit Gemeinde, Kanton und dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) schon weit gediehen. «Noch ist kein Flurschaden entstanden»: Finde Grob Aerospace einen neuen Investor, «wird die Finanzkrise auf die Ausbaupläne in Altenrhein im besten Fall gar keine Auswirkungen haben».
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