In der Sackgasse
Aus dem Ostschweizer Tagblatt vom 11. März 2006
Vorarlberg lässt zusätzliche Linienflüge zu, lehnt aber die Konzessionierung des Flugfeldes St. Gallen-Altenrhein definitiv ab
ALTENRHEIN. Vorarlbergs Vorgabe ist knapp und deutlich: Mehr Linienflüge gibt es in Altenrhein nur ohne Konzessionierung. Die Aufwertung vom Flugfeld zum Regionalflugplatz steckt in einer Sackgasse.
CHRISTOPH ZWEILI
Traute Einigkeit herrschte beim jährlichen Treffen der St. Galler Kantonsregierung und der Vorarlberger Landesregierung am Dienstag – bis die bevorstehende Konzessionierung des Flugfeldes Altenrhein angesprochen wurde. Dann kam ein offizielles Nein von Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Vorarlberg wolle bestimmte Ausweitungen des Flugbetriebes nicht hinnehmen. Damit ist der Weg zur Konzessionierung erst einmal blockiert. Der St. Galler Volkswirtschaftsdirektor Josef Keller zeigt sich darüber nicht erfreut. Die St. Galler Regierung befürwortet den massvollen Ausbau des Flugplatzes und die Konzessionierung, weil dies als Standortfaktor für die Wirtschaftsregion von Gewicht sei. «Jetzt haben wir eine Pattsituation», sagt Keller. «Ein vorsichtiges Ja zu mehr Linienflügen, aber nur ohne Konzessionierung.»
Schweizer Kompromiss
Die privatwirtschaftliche Flugplatz-Betreiberin, die Airport Altenrhein AG, strebt mit der Konzessionierung mehr Rechtssicherheit an. Mit der Anpassung der Betriebszeiten soll die Konkurrenzfähigkeit erhalten werden: Altenrhein steht in harter Konkurrenz zu dem mit öffentlichen Mitteln subventionierten und in den letzten Jahren boomenden Bodensee-Airport Friedrichshafen. Er ist Heimathafen der Low-Cost-Fluggesellschaft Intersky. Theoretisch könnte die Schweiz das Konzessionierungsverfahren jetzt alleine durchziehen. 2005 wurde der SIL-Koordinationsprozess als Vorstufe zum eigentlichen Konzessionierungsverfahren eingeleitet. Gespräche zwischen Vertretern des Bundes, des Kantons St. Gallen, der Regio Rorschach-Bodensee mit 16 Gemeinden und der Flugplatz-Betreiberin führten im Dezember 2005 zu einem hart errungenen Kompromiss, der in das Objektblatt Altenrhein des Sachplans Infrastruktur der Luftfahrt durch das BAZL einfliessen soll. Das Objektblatt sollte zusammen mit Betriebsreglement und Umweltverträglichkeitsbericht im Zuge des Auflageverfahrens noch im ersten Halbjahr 2006 öffentlich zugänglich gemacht werden.
In der Lärmfrage ist der Schweizer Flugplatz aber auf den Goodwill seiner Nachbarn angewiesen. Um die Pünktlichkeit und Angebotssicherheit im Linien-, Charter- und Geschäftsreiseverkehr zu verbessern, möchte die Airport Altenrhein AG eine Flexibilisierung des bestehenden Lärmkorsetts (Tageslärmbegrenzung), beide geregelt in einem Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweiz von 1992. Der gültige Tagespegel von 100 000 Lärmpunkten soll an 30 Tagen pro Jahr um maximal 30 Prozent überschritten werden dürfen. Das hat witterungsbedingte Hintergründe: An 15 bis 20 Tagen pro Jahr können Flugzeuge wegen zu starken Rückenwindes den Flugplatz nicht vom See her ansteuern, sondern müssen über österreichisches Territorium ausweichen.
Fremde Sicherheitszonen?
Den an sich verhandlungsbereiten Vorarlbergern schwoll der Kamm, weil im Zusammenhang mit Sicherheitszonen plötzlich von einem Flugplatz-Perimeter auf österreichischem Staatsgebiet die Rede war. Ein von Schweizern verhängtes Bauverbot? Aus einem unbedachten Dossiereinblick wurde Bürgerprotest, der in Gaissau zur Resolution «gegen jeden weiteren Ausbau» in Altenrhein führte. Die Rheindelta-Gemeinden Höchst und Fussach zogen gleich. Der Flächenbrand gipfelte im Dezember 2005 in einem einstimmigen Landtagsbeschluss, dass nur weiter verhandelt werde, «falls die zuständigen Schweizer Stellen und die Flugplatzbetreiber rechtlich bindend und dauerhaft klarstellen, dass eine Konzessionierung nicht stattfindet».
Doch noch konzessionieren?
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt relativiert. Es gelte das Territorialprinzip – Mediensprecher Anton Kohler: «Was auch immer von Schweizer Seite auf Karten eingezeichnet wird, auf österreichischem Gebiet haben diese Zonen keinerlei Rechtswirkung.»
Der St. Galler Regierungsrat Josef Keller will jetzt «das Beste aus der Situation machen. Wir werden in der Schweiz nach Möglichkeiten suchen, die rechtlich zulässig sind.» Er werde zuerst mit dem BAZL reden, eventuell mit Verkehrsminister Moritz Leuenberger. «Vielleicht finden wir eine staatsvertragliche Lösung, die wegkommt vom Schreckgespenst einer Konzessionierung nach Schweizer Recht.» Anders der Vertreter der Flugplatz-Betreiber, der St. Galler Rechtsanwalt Walter Locher – er will die Konzessionierung nach geltendem Schweizer Recht nicht ohne Weiteres aufgeben. «Vielleicht ist beides möglich – eine Konzessionierung nach Schweizer Recht und eine Präzisierung im Staatsvertrag, mit klaren Auflagen.»
Copyright © St.Galler Tagblatt
Eine Publikation der Tagblatt Medien